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EXTENSION Unfortunately, Hamburger Kunsthalle decided not to maintain the website of EXTENSION - its attempt to expand into the virtual world in 1997. Below some original documents. Interview with Frank Barth, Hamburger Kunsthalle, the person in charge on the museum competition, during the exhibition. EXTENSION - die virtuelle Erweiterung der Hamburger Kunsthalle Auszüge aus einem Gespräch zwischen Cornelia Sollfrank und Frank Barth, wissenschaftlichen Mitarbeiter der Galerie der Gegenwart, dem neuen Erweiterungsbau der Hamburger Kunsthalle. Anlässlich seiner Eröffnung am 23. Februar dieses Jahres schrieb das Museum einen Internetkunst-Preis aus. Der Wettbewerb endet am 30. Juni. Veröffentlicht im Online-Kulturmagazin Telepolis, 17.6.1997. Available at: https://www.heise.de/tp/features/EXTENSION-die-virtuelle-Erweiterung-der-Hamburger-Kunsthalle-3441117.html C.S.: Wie ist die Idee entstanden einen Preis für Internetkunst auszuschreiben? F.B.: Die Idee entstand aus der Frage, wie wir die Eröffnung der Galerie der Gegenwart öffentlichkeitswirksam betreiben können. Als eine der Werbemaßnahmen entschieden wir uns für den Internetkunstpreis. Das scheint auch Mode zu sein momentan. Ohne sich genau darüber im Klaren zu sein, was der Untersuchungsgegenstand dieses Wettbewerbs eigentlich ist, wurde die Maßnahme beschlossen. Die Ausschreibung des Wettbewerbs zwang uns dann zu formulieren, worum es gehen sollte. Wir wollten nicht die schönste Homepage prämieren, sondern Arbeiten, die sich durch einen spezifischen Umgang mit dem Medium auszeichnen. Wir kamen auf die Frage nach der Materialästhetik von Kunst, die z.B. bei Kounellis, Merz oder Serra eine große spielt, und wie man diese Frage auf den Gegenstand Internet übertragen kann. Die Tatsache, daß die Sprache des Internets sehr metaphorisch ist, z.B. bei Homepage kommt sofort die Assoziation Jägerzaun oder digitale Städte, hat uns dann bewogen, eine Ab-teilung der Galerie der Gegenwart im Internet zu konstituieren, eine EXTENSION. C.S.: Und um Werke für diese Extension zu finden, hatten Sie die Idee einen Wettbewerb zu veranstalten? F.B.: Ursprünglich sollte es ein Beitrag von Spiegel online und Spiegel spezial zur Eröffnung der Galerie der Gegenwart sein. Aber in dem Moment als wir seriös auf diese Idee eingestiegen sind, war klar, dass das Projekt in der kurzen Zeit, die uns noch zur Verfügung stand, überhaupt nicht zu realisieren ist. Wir haben dann zur Eröffnung lediglich den Wettbewerb angekündigt, der jetzt, vier Monate später zu Ende geht. C.S.: Es wird also beim angekündigten Einsendeschluss von 30.6. bleiben? F.B.: Ja, auf jeden Fall. Wir haben inzwischen sehr viele Anmeldungen. Nachdem es anfangs sehr schleppend ging, vervielfachen sich die Anmeldungen wöchentlich. Die Zahl liegt im Moment bei ca. 120 bis 140 Bewerbern und die Ausschreibung läuft noch zwei Wochen. C.S.: Haben Sie so großen Zuspruch erwartet. F.B.: Wir haben uns das natürlich erhofft, aber wir waren uns nicht sicher über den Zuspruch. Und schließlich sagt die Anzahl der Bewerber noch nichts über die Qualität der Beiträge aus. C.S.: Sind Sie denn sicher, dass das Mittel der Ausschreibung geeignet ist, die KünstlerInnen anzusprechen, die Sie erreichen möchten? Es existieren viele Vorurteile gegen diese Art von Preisen und es ist tatsächlich so, dass die formalen Bedingungen eines Wettbewerbs sehr beschränkend wirken. z.B. in Ihrem Fall die Auflage, das Projekt auf den Spiegel-Server überspielen zu müssen und die Datenmenge von 5 MB nicht zu überschreiten. Das schließt zum Beispiel alle infrastruktur-bildenden Systeme, also Kontextsysteme, aus. Man kann ja das thing.net schlecht auf den Spiegel-Server überspielen. F.B: Aber man kann diese Infrastruktur mit 5 MB darstellen, einfach nur das Konzept. Es muss nicht das komplette funktionierende System dargestellt werden. Der Hinweis darauf genügt. Ich hoffe, dass das einige Leute auch machen. Das ist die Frage, wie pfiffig man damit umgeht. Dass die Form des Wettbewerbs letzten Endes von manchen skeptisch betrachtet wird, das kann ich gut verstehen. C.S.: Es ja auch nicht so klar, wer dahintersteckt, bzw. welche Einstellung zur Netzkunst dahintersteckt. F.B.: Doch, das weiß man ganz genau. Das geht aus der Ausschreibung klar hervor. Wir sagen das ganz deutlich. C.S.: In der Ausschreibung sprechen Sie von Material und Gegenstand als geläufige Begriffe aus der bildenden Kunst, und dass in den eingereichten Arbeiten diese Begriffe auf das Internet übertragen werden sollen. Das verursacht leicht Missverständnisse. F.B.: Genau. Deshalb haben wir uns entschieden, es so zu formulieren. Wer das nicht merkt ist selber schuld. Natürlich ist es weder Material noch Gegenstand im ursprünglichen Sinn. Aber die Sprache, das gesamte Vokabular im Zusammenhang mit dem Internet ist voller Metaphern, sogar teilweise ganz abgedroschenen Metaphern. C.S.: Das mag so sein, aber das Problem ist doch, dass ein Künstler, der diese Ausschreibung liest, nicht weiß von welcher Position aus, Sie das formulieren. Die Internetkunst wird total gehypes im Moment. Jedes x-beliebige Kaufhaus könnte sich als PR-Maßnahme so einen Wettbewerb ausdenken, und es würde ähnlich klingen. Natürlich wird jetzt in diesem Gespräch klar, dass Sie die Komplexität der Angelegenheit erfassen und sich ernsthafte Gedanken machen, wie Sie dem Phänomen Netzkunst gerecht werden können. Aber erstmal ist so eine Ausschreibung missverständlich, und sie schreckt sicher viele der interessanten Netzkünstler davon ab, sich hier einzubringen. F.B.: Ich verstehe Ihre Kritik sehr gut. Vor allem in Bezug auf die künstlerischen Pioniere im Netz, deren Zugang sicher alles andere als affirmativ ist und die in der Regel eher von einer subversiven Herangehensweise geprägt sind. C.S.:v Das stimmt nur teilweise. Inzwischen suchen viele dieser Pioniere auch nach einer Anerkennung für ihre Arbeit. Die ursprüngliche Verweigerungshaltung lockert sich, ist aber berechtigterweise von viel Skepsis begleitet. Das trifft auf die derzeitige Tendenz des Kunstbetriebes, der Netzkunst habhaft zu werden. Und ich sehe in der Form Ihrer Ausschreibung, das Problem, dass sich viele Netzkünstler darin gar nicht wiederfinden können und deshalb nichts beitragen. Um aber dem Phänomen Netzkunst gerecht zu werden, müsste ein möglichst breites Spektrum von Arbeitsansätzen vertreten sein. F.B.: Klar, das sehen wir auch so. Ich möchte Ihnen dazu aus unserer Presserklärung zitieren: "Ist das Internet als Ort für Veranstaltungen des traditionellen Museumsbetriebs geeignet?", "Wie kann die Verbindung zwischen virtuellen und materiellen künstlerischen Ideen und Objekten hergestellt werden?", "Was bedeutet Internet für die bildende Kunst?", "Was kann ein Museum angesichts des digitalen Scheins über sich selbst lernen? Diese Fragen umgrenzen den Bereich, den die teilnehmenden Künstler in ihren Beiträgen reflektieren sollen." Uns ist also hier völlig klar, dass wir letzten Endes auch immer uns selber befragen in diesem Zusammenhang. Und nur dann ist es sinnvoll. Wenn unsere Auseinandersetzung mit dem Internet unsere eigene Museumsarbeit, unseren Museumsbegriff tendenziell mitverändert. Ansonsten wäre es eine Sache, die man auch nicht weiterzuverfolgen bräuchte. Es hätte keinerlei Relevanz. C.S.: Was aber in jedem Fall vom alten Prinzip der Museumsarbeit bleibt, ist doch das Verfahren, dass Sie bzw. die Jury einige Projekte auswählen und diese dann der öffentlichkeit als gute Internetkunst präsentieren. Sie definieren und die Medien werden das dankbar aufgreifen. Ihre Auswahl wird der öffentlichkeit als gute Internetkunst verkauft. F.B.: Das ist aber grundsätzlich bei jeder Ausstellung der Fall. Die Begründungszusammenhänge, also wer ist wo und wie usw., die kann ich versuchen in ihrer Komplexität zu vermitteln, aber das kann immer kurzgeschlossen und falsch verstanden werden. Jede Ausstellung führt irgendwann eine ganz eigene Existenz. Trotzdem sind diese konzeptuellen und grundlegenden Gedanken das, was die Dinge verändert. Ich sehe darin die einzige Möglichkeit so eine Institution wie ein Museum, am Leben zu halten. Sonst wäre es nur ein Korallenriff, mit dem, was an den Wänden hängt als Spitzen. C.S.: Wovon hängt es ab, ob und wie sie Extension weiterbetreiben werden? F.B.: Das hängt nur vom Ergebnis des Wettbewerbs ab. Eine Möglichkeit wäre, die exemplarischen Arbeiten aus dem Wettbewerb, die prämiert wurden, auf unserer Homepage zu sammeln und zugänglich zu machen. Diese Arbeiten wären dann sozusagen der Grundstock und die Sammlungsschwerpunkte. Weiter könnte man dann so verfahren, dass wir uns Projekten annehmen, die wir über den Wettbewerb nicht erreichen konnten. Und, anstatt unsere Homepage vollzustopfen, werden wir in Zukunft versuchen, über Links zu arbeiten. C.S.: Wozu ist es nötig einzelne Projekte durch eine Preisvergabe und Präsenz auf Ihrem Server hervorzuheben? Die meisten Arbeiten hängen sowieso im Netz und könnten doch von vorneherein einfach gelinkt werden. F.B.: So ganz ohne symbolischen Mehrwert geht es eben nicht. Außerdem sind wir da selber nicht so sicher. Wir sind keine Fachleute diesbezüglich. Das sind die Künstler, wie immer in der Kunst. Wir als Museumsleute sind in jeder Hinsicht auf die Künstler angewiesen. Aber Museum ist eben immer ein Ablagesystem, ein Archivsystem, ein Magazin, so sollte wenigstens aus symbolischen Gründen dieser repräsentative Grundstock, von dem aus wir dann weiterarbeiten, auf unserem Server liegen. C.S.: Das wirft wieder die Frage auf, die für den ganzen Wettbewerb gilt. Es gibt zahlreiche Projekte, die sich für eine Ablage auf Ihrem Server überhaupt nicht eignen. Wie würden Sie z.B. mit einer Mailinglist verfahren, die als Kunstprojekt eingereicht wird? F.B.: Sollte sich herausstellen, dass so etwas dabei ist, dann würden wir dafür geeignete Möglichkeiten finden, es zu repräsentieren, z.B. durch Dokumentation. C.S.: Ein Kennzeichen von Netzkunst ist ja, unter anderem, ihre Kurzlebigkeit. Es gibt Projekte, die sich täglich oder wöchentlich verändern. Sehen Sie eine Aufgabe von Museum darin, diese Projekte zu archivieren? F.B.: Dieses Phänomen gab es bereits vor der Netzkunst. Es ist ein Phänomen eines Kunstbegriffes, der sein Werk als ephemer begreift. Das gab es bei Fluxus, bei vielen Videoarbeiten und bei den meisten Performance-Arbeiten. Es macht genau den Reiz dieser Arbeiten aus, dass sie ephemer sind. Wie man diesen Arbeiten im einzelnen gerecht werden kann, wird sich erst durch die Arbeit damit entwickeln. Jedenfalls ist uns klar geworden, dass diese neue Abteilung nur dann sinnvoll funktionieren kann, wenn wir uns ihr sehr intensiv widmen. Bisher sind wir noch auf dem Behördenserver, aber wäre für uns sehr reizvoll, uns nach dem Wettbewerb in andere Zusammenhänge zu begeben. Der Zugang dazu sollte auch über diesen Wettbewerb laufen. Wir suchen mit dem Wettbewerb künstlerische Projekte, die das Phänomen Internet zum Gegenstand ihrer Arbeit gemacht haben. C.S.: Vielen Dank für das Gespräch. Anmeldung ist bis zum 30.6.1997 bei extension@spiegel.de möglich. Nähere Informationen gibt es auf der Website: www.spiegel.de/extension Die Vorstellung der Preisträger ist für 13./14.9.1997 im Rahmen einer Veranstaltung zum Thema Internetkunst in der Galerie der Gegenwart vorgesehen. https://www.heise.de/tp/features/EXTENSION-die-virtuelle-Erweiterung-der-Hamburger-Kunsthalle-3441117.html |